Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden der SPD Sachsen

Danke für die vielen lieben Glückwünsche zu meiner Wahl als stellv. Landesvorsitzende mit einem Stimmenanteil von 90.6 Prozent. Das wird viel Arbeit. Ich freue mich sehr auf die nächsten Monate und bin sicher, mit Authentizität, Offenheit, Fehlerkultur, Verbindlichkeit, konkreten Zielen und auch Visionen werden wir voran kommen.

Hanka Klieses Rede auf dem Landesparteitag der sächsischen SPD

am 27. Oktober 2018 in Dresden

 

Vor 18 Jahren habe ich auf einem Landesparteitag für die Landeskontrollkommission als Beisitzerin kandidiert. Ich war damals sehr aufgeregt, obwohl ich gar nichts sagen musste. Dann freute ich mich über meine Wahl und die neue Aufgabe. Als ich bei diesem Parteitag später am Waschbecken meine Hände wusch, stand Barbara Ludwig neben mir und sagte: „Warum so bescheiden? Landeskontrollkommission – in den Landesvorstand musst Du gehen!“ Ich fand die Aufgabe damals genau richtig für mich und das war sie auch.

Seitdem ist viel Zeit vergangen, ich habe eine Menge politischer und vor allem Lebenserfahrung dazu gewonnen. Heute traue ich mir zu, als stellvertretende Landesvorsitzende zu kandidieren.

Als ich gesehen habe, wie wenig unsere Partei an der Spitze von Frauen repräsentiert werden soll, fand ich das unverhältnismäßig. Nicht unverhältnismäßig gegenüber der Anzahl weiblicher Mitglieder, sondern gegenüber dem, was Frauen für unsere Partei nach innen und außen leisten!

Ich weiß, dass meine Kandidatur diese Schieflage nicht komplett beseitigen kann. Doch ich möchte, genau wie Julia Bombien, für die ich aus voller Überzeugung werben kann, dazu beitragen.

Als stellvertretende Landesvorsitzende würde ich, wenn Ihr das wollt, Eva Maria Stange nachfolgen. Das wäre nicht das erste Mal. Denn in dieser Legislatur habe ich von ihr das Amt der kulturpolitischen Sprecherin übernommen. Ich kann aus Erfahrung sagen, ihre Fußstapfen sind wirklich sehr groß, aber dadurch habe ich auch Platz darin, eigene Akzente zu setzen.

Wofür stehe ich?

Ich stehe für eine Politik des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung ehrenamtlichen Engagements. Dazu gehört für mich ein sorgsamer Umgang mit zeitlichen Ressourcen wie Sitzungszeiten, aber auch Effizienz und Transparenz bei Sitzungsinhalten. Ich arbeite gern und intensiv mit unseren Arbeitsgemeinschaften, derzeit vor allem mit ASF, Selbst Aktiv und aufgrund meiner Sozialisation in der Partei natürlich auch den Jusos. Andere AGs möchte ich gern näher kennen lernen.

Ihr wisst, meine Hauptthemen sind Inklusion und Kultur. Zur Inklusion möchte ich sagen: Vielen Dank an alle Unterbezirke, Ortsvereine und Geschäftsstellenmitarbeiter/innen, die das Thema in den letzten Jahren voran getrieben haben. Durch die Organisation von Gebärdensprachdolmetschern, barrierefreien Räumen u. v. m.

Inklusion ist keine Mode und macht Arbeit. Manchmal ist Inklusion auch richtig anstrengend. Dann kann man davon ausgehen, dass man sie gerade durchführt.

Ich bin sehr stolz, wie viel wir als SPD Sachsen in den letzten Jahren in Sachen Bewusstseinsbildung und praktischer Teilhabe geschafft haben.

Und damit bin ich auch schon bei meinem zentralen Thema für die Kandidatur, denn ich stehe für mehr als Kultur und Inklusion:

Ich möchte dafür werben, wieder stolz darauf zu sein, der SPD zuzugehören!

Ja, das fällt in letzter Zeit schwer. Wobei: Haben wir uns nicht schon immer damit schwer getan? Seit ich Mitglied bin, also seit knapp 20 Jahren, sind wir doch ein ziemlicher Selbstkasteiungsverein.  

Stolz auf die SPD verbinden die Meisten mit Otto Wels, Willy Brandt oder vielleicht Helmut Schmidt.

Dabei können wir auf die Gegenwart stolz sein:

Malu Dreyer, Manuela Schwesig, Franziska Giffey, Petra Köpping, Eva Maria Stange – das sind doch tolle Persönlichkeiten, die unsere Partei zu bieten hat! Ich könnte noch mehr nennen. Auch Männer!

Neben den Persönlichkeiten sind es auch politische Erfolge, auf die wir stolz sein können. Der Mindestlohn, die Ehe für alle, die positiven Veränderungen im Schulgesetz auf Landesebene, das waren alles wir.

Ein Grund, weshalb uns derzeit der Stolz so schwer fällt ist zweifelsfrei die Große Koalition. Hier hat die SPD an Glaubwürdigkeit verloren. Zu Recht. Wer mit dem Ziel antritt, die Koalition zu beenden und sie dann doch eingeht, darf nicht auf Verständnis hoffen. Doch wir sollten hier unsere Kräfte nicht im Beklagen binden. Unsere Anstrengungen müssen darauf beruhen, in dieser schwierigen Konstellation zu zeigen, was uns von der CDU unterscheidet. Die Wahlbeteiligung sinkt auch, weil das den Wähler/innen nicht immer klar ist. Wir brauchen nicht täglich drei Facebook-Posts gegen Horst Seehofer, wir brauchen sichtbare eigene Akzente! Was würden wir anders machen? Die derzeitige Aktion zur Gemeinschaftsschule ist da genau der richtige Weg.

Wir haben in den letzten Jahren in der Koalition auf Landesebene viel repariert und Schäden begrenzt. Das war nötig, ist aber wenig dankbar.  Ich möchte, dass wir kein Katastrophenabwehrzentrum sind, sondern die Zentrale der Gestaltung! Ich möchte, dass wir die Partei für die Fragen der kommenden Jahre sind. Die sich nicht der alles auffressenden Angst unterwirft, sondern Wege für die Zukunft aufzeigt. Was sind denn die Fragen unserer Zukunft? Das ist doch nicht der Wolf und das ist auch nicht das Messerverbot in der Innenstadt! Das ist die Frage, wer unsere alten Menschen pflegen soll! Das ist die Frage, wie wir dem Klimawandel schleunigst entgegen wirken können! Das ist die Frage, wie wir Bildung ohne Separation gestalten wollen!

Wir müssen doch nicht dem Diktat des Wutbürgers folgen, um wichtige Fragen zu besetzen.

Und natürlich ist Sicherheit auch eine von vielen Fragen. Dann aber bitte Sicherheit für alle. Auch für den persischen Restaurantbesitzer in Chemnitz.

Wenn wir verbindlich, verlässlich und mit einer klaren Vorstellung davon, wie wir die genannten Probleme angehen wollen auftreten, ist mir um unsere Partei gar nicht bange. Im Gegenteil. Authentisch und offen, ohne Phrasen – so können wir das schaffen. Und noch ein Wunsch: Wir müssen lernen auszuhalten, dass die Welt kompliziert ist. Wer die Flucht ins Simple sucht unterfordert sein Publikum. Das halte ich für einen Fehler. Wir können den Menschen auch komplexe Antworten zumuten. Vor allem müssen wir sie haben.

Die Ereignisse der letzten Wochen in meiner Stadt Chemnitz haben mir neben den bekannten grauenhaften Ausmaßen des gewaltbereiten Rechtsextremismus, an denen es nichts kleinzureden gibt, Eines gezeigt:

Der Wunsch nach politischer Diskussion und Beteiligung ist gerade enorm hoch. Auch das hat mich motiviert, zu kandidieren. Ich möchte, dass wir die Partei sind, die Angebote für solche Menschen bereit hält, dauerhaft. Ich möchte mit Martin Dulig, dem Landesvorstand und Euch allen für Eines sorgen: Dass sich diejenigen Menschen in Sachsen, die sich für Demokratie, Anstand, Wärme und Miteinander  einsetzen wollen, bei uns zuhause fühlen. Dafür trete ich an.