Völkerrecht auch an Sächsischen Hochschulen umsetzen

Heute wurde im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule eine Anhörung zum Antrag der SPD-Fraktion „Situation von Studierenden mit Behinderung und chronisch Kranken an sächsischen Hochschulen“ durchgeführt. Die Sachverständigen sprachen sich unisono für eine Verbesserung der kommunikativen und baulichen Barrierefreiheit an den Hochschulen des Freistaates aus. Dr. Antje Bernier (Wismar) machte in diesem Zusammenhang vor allem auf Probleme in Verbindung mit der Sächsischen Bauordnung aufmerksam. Zudem ist die Datenlage aufgrund mangelnder Analysen an den Hochschulen des Freistaates problematisch.

Hanka Kliese, behindertenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, betonte im Rahmen der Anhörung: „Die Sachverständigen haben einmal mehr deutlich gemacht, dass Barrierefreiheit an Hochschulen nicht auf Kann-Bestimmungen beruhen sollte, sondern dank der UN-Behindertenrechtskonvention rechtlich verbindlich ist. Wir stehen vor der großen Herausforderung der Umsetzung von Völker- und Bundesrecht an sächsischen Hochschulen. Dazu brauchen wir eine aussagekräftige Datenbasis, einen Bewusstseinswandel in Wissenschaft und Verwaltung sowie die Bereitschaft, notwendige finanzielle Mittel einzustellen. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sollte dabei unbedingt unter Einbezug der betroffenen Gruppen und zuständigen Beauftragten erfolgen. Zudem fordern wir einen Ausbau der Freistellungsregelungen für Behindertenbeauftragte an Universitäten. Es ist teilweise beschämend, wie Studierende mit Behinderung in ihrer Teilhabe am akademischen Leben beschränkt werden. Es ist regelrecht skandalös, dass Studierende, die Assistenzbedarfe haben, diese nur bis zum ersten Abschluss gewährt bekommen, jedoch nicht für ein weiterführendes Studium oder gar eine Promotion oder Habilitation. Ich fordere ein Ende dieser Benachteiligung.“

Der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Mann, ergänzt: „Im Rahmen der Novellierung des Hochschulgesetzes spielt die Gleichstellung von Studierenden mit Behinderung bisher keine Rolle. Das spricht Bände. Wir hoffen sehr, mit unserem  Änderungsantrag auch Verbesserungen für die Studierenden mit Behinderung zu erreichen. Dies betrifft die Festschreibung von ‚Beauftragten für Studierende mit Behinderung‘, deren Stellung und Ausstattung, sowie Vorgaben zur statistischen Erfassung des Umsetzungsstandes barrierefreier Studienbedingungen. Dies sind die Mindestvoraussetzungen, um einen kooperativen Prozess hin zu einem inklusiven Bildungssystem gestalten zu können.“

Hintergrund:

Nach der aktuell vorgelegten Erhebung des deutschen Studierendenwerkes sind nur sechs Prozent der Studierenden mit Behinderung oder chronischer Krankheit ihre Beeinträchtigung anzusehen. Bei zwei Dritteln ist die Beeinträchtigung auch nach langer Zeit nicht wahrnehmbar. Dagegen ist davon auszugehen, dass mehr als die Hälfte der Studierenden mit sehr starken oder starken Benachteiligungen im Studium umgehen müssen. Die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks ergab, dass zwei Prozent aller Studierenden eine Behinderung, elf Prozent eine chronische Krankheit haben und dieser Anteil steigt. Angesicht der derzeitigen Studierendenzahlen ist mithin davon auszugehen, dass bundesweit 325.000 Studierende und in Sachsen ca. 14.000 Studierende eine solche Benachteiligung besitzen.

Den SPD-Antrag „Situation von Studierenden mit Behinderung und chronisch Kranken“ finden Sie auf dieser Homepage unter der Rubrik „Landtag“, „Downloads“, „Anfragen und Anträge“.

Dresden, den 25. Juni 2012