Ja zum Lern- und Gedenkort Kaßberggefängnis!

„Die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag spricht sich dafür aus, die Verkaufsaktivitäten für das ehemalige JVA-Gelände in Chemnitz auszusetzen. Denn wir wollen sicherstellen, dass an dieser Stelle ein Lern- und Gedenkort Kaßberggefängnis entsteht.

Warum brauchen wir einen solchen Gedenkort an genau diesem Platz in Chemnitz? Das Gelände der JVA-Chemnitz ist ein Terrain mit einer besonderen Geschichte. Während der Nazidiktatur wurden dort politisch Andersdenkende eingesperrt. Nach 1945 diente das Gelände erst unter sowjetischer, dann unter DDR-Führung zur Inhaftierung politischer Gefangener. Ab 1963 wurde Karl-Marx-Stadt zum Dreh-und Angelpunkt für Häftlingsfreikäufe. In der medial oft als kuschelig und ‚nicht so dramatisch‘ dargestellten Diktatur der DDR wurde ganz klar Menschenhandel betrieben.

Es ist das Ziel, in dieser Gedenkstätte sowohl an die Zeit vor als auch nach 1945 zu erinnern. Denn eine Gedenkstätte entsteht nicht da, wo eine quantitative Notwendigkeit gesehen wird. Ein Gedenkort entsteht dort, wo etwas geschehen ist. Und was hier geschah, ist von immenser historischer Dimension.

Wer denkt, wir könnten es uns leisten, auf die Aufarbeitung zum Thema Stalinismus und SED-Diktatur zu verzichten, der hat die Katastrophe des 20. Jahrhunderts nicht in ihrem vollen Umfange verstanden. Das Zeitalter der Extreme muss zusammen gedacht statt mit Denkverboten voneinander abgetrennt werden. Warum sollen wir uns auf dem leer stehenden JVA-Gelände in Chemnitz  mit der Geschichte zweier Diktaturen befassen? Weil sie existierten. Und zwar genau an diesem Ort.

Als stellvertretende Vorsitzende des Vereins zur Errichtung eines Lern-und Gedenkortes Kaßberggefängnis e.V. freue ich mich, dass wir heute einen wichtigen parlamentarischen Grundstein für dieses Vorhaben legen.“

Dresden, den 25. November 2011