SPD-Juristen suchen nach neuen Wegen aus der kommunalen Finanzkrise

Am 04. Februar 2011 hat das Fachgespräch zur „Stabilisierung der kommunalen Finanzen durch Erhalt und Weiterentwicklung der Gewerbesteuer“ stattgefunden. Viele Interessierte aus der Kommunal- und Landespolitik, der Wirtschaft und Wissenschaft sowie aus der Bürgerschaft sind der Einladung der Arbeitsgemeinschaft Juristinnen und Juristen in der SPD (ASJ) gefolgt und haben gemeinsam mit den Experten über die Finanzprobleme der sächsischen Kommunen diskutiert.

Nach der Begrüßung durch den Landesvorsitzenden der ASJ, Prof. Dr. Uwe Berlit, und einem Grußwort des stellvertretenden Unterbezirksvorsitzenden der SPD Chemnitz, Jörg Vieweg, hat der Geschäftsführer für Finanzen der IHK Chemnitz und Vizepräsident des Bundes der Steuerzahler (Sachsen), Frank Lange, den Auftakt gemacht und ins Thema eingeführt. In der anschließenden Podiumsdiskussion waren neben Herrn Lange die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Silke Hüsing (TU Chemnitz), der Kommunalpolitiker André Horvath (SPD) und der Steuerberater Markus Boldt sowie Rechtsanwalt Jürgen Renz als Moderator vertreten. Die Veranstaltung wurde mit einem Resümee von Prof. Dr. Uwe Berlit abgeschlossen.

Die letzte große Reform der Unternehmenssteuern wurde im Jahre 2008 in Kraft gesetzt und hat aus Sicht der Wirtschaft Licht und Schatten hinterlassen. Zwar wurde für natürliche Personen die Anrechnungsmöglichkeit der Gewerbesteuer ausgeweitet und die Kapitalgesellschaften wurden dadurch entlastet, dass in diesem Zuge die Körperschaftssteuer von 25% auf 15% gesenkt worden ist. Allerdings sind zusätzliche Belastungen dadurch aufgetreten, dass dem Gewinn im stärkeren Maße Finanzierungskosten hinzugerechnet werden können.

Die essentielle Bedeutung der Gewerbesteuer für die Kommunen steht außer Frage. Angesichts der Konjunkturanfälligkeit dieser gewinnabhängigen Steuer – allein im Jahr 2009 gingen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um knapp 20% – zurück, ist jedoch über eine Verstetigung der kommunalen Finanzen durch Verbreiterung der Bemessungsgrundlage nachzudenken. Eine mögliche Option besteht darin, künftig die Ärzte, Steuerberater, Rechtsanwälte und andere Freiberufler zur Gewerbesteuer heranzuziehen. Dies soll durch die Anrechnung auf die Einkommenssteuer möglichst aufkommensneutral geschehen. Im Ergebnis findet durch die Einbeziehung der Freiberufler eine Lastenübernahme durch den Bund statt, der zugunsten der Kommunen auf eigene Einnahmen aus der Einkommenssteuer verzichtet. Gleichzeitig wäre dies auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau, weil die steuerrechtlichen Abgrenzungsprobleme zwischen Gewerbetreibenden und Freiberuflern entfielen.

Wichtig ist jedoch auch eine Reform der kommunalen Finanzausgleichssysteme, um den Kommunen größere finanzielle Handlungsspielräume für ihren zahlreichen vom Gesetz vorgeschriebenen Aufgaben zu verschaffen. Die sächsischen Kommunen haben im bundesweiten Vergleich die höchsten Hebesätze und folgen damit den Zwängen, die ihnen durch das Sächsische Finanzausgleichsgesetz auferlegt werden. Der Freistaat macht die Höhe der jährlichen Zuweisungen an die Kommunen von deren Steuerkraft abhängig und zwingt die Kommunen damit, dass hohe Hebesätze bei der Gewerbesteuer angewendet werden. So beträgt der Nivellierungshebesatz für Kreisfreie Städte bei der Gewerbesteuer 450 Prozent. Würde die Stadt Chemnitz weniger als 450% bei der Gewerbesteuer erheben, drohen ihr Mindereinnahmen, die vom Freistaat Sachsen nicht kompensiert werden.

Am 26.01.2011 hat der Chemnitzer Stadtrat nach monatelangen Diskussionen sein unvermeidliches Haushaltssicherungskonzept beschlossen. Auf die Bürger kommen in den nächsten Jahren empfindliche Einschnitte zu. Öffentliche Einrichtungen werden teurer oder geschlossen, kommunale Zuschüsse gekürzt oder gestrichen. Es liegt daher auf der Hand, dass eine Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes oder gar eine Abschaffung der Gewerbesteuer angesichts der derzeitigen Haushaltslage nicht in Betracht kommt. Überzeugende alternative Finanzierungsmodelle existieren nicht. Die Gewerbesteuer sichert zudem das „Band zwischen Kommune und Wirtschaft“. Mit den Einnahmen aus der Gewerbesteuer erbringt die Kommune Leistungen im Bereich der Infrastruktur, die gerade auch den Kommunen zugute kommen.

Das Fachgespräch hat weiterhin deutlich gemacht, dass zwingend das Missverhältnis zwischen kommunalen Aufgaben und Ausgaben und den Einnahmen thematisiert und korrigiert werden muss. Die Bundesregierung muss endlich Anstrengungen zur finanziellen Sicherung der Kommunen unternehmen. Dazu gehört eine angemessene finanzielle Beteiligung des Bundes an sozialen Leistungen der Kommunen, insbesondere an den Kosten der Unterkunft für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch. Dies ist derzeit auch ein wichtiger Streitpunkt in den Verhandlungen über die Hartz-IV-Reform.