Geschichtsvergessenheit der Gesine Lötzsch ist beschämend, verletzend und skandalös

Wer den Text von Gesine Lötzsch liest, stellt fest: Er ist nicht bloß unglücklich formuliert oder überinterpretiert, wie manch ein Linker gern relativieren möchte. Zwei Jahrzehnte nach der friedlichen Revolution in der DDR propagiert Lötzsch den Kommunismus als ein mögliches gesellschaftspolitisches Ziel – als sei der Kommunismus eine normale Denkoption, ein unschuldiges gedankliches Konstrukt, ein noch immer erstrebenswertes, unbeflecktes Ziel.

Dass der Kommunismus eine ganz reale, nämlich brutale und blutige Geschichte hat, spielt im politischen Denken der Gesine Lötzsch keine Rolle. Es gibt in dem Text zwar eine Passage über die „offene Barbarei“ im 20. Jahrhundert, aber diese bezieht sich ausdrücklich auf „Perioden der Entfesselung des Kapitalismus“. An den entfesselten Kommunismus, den entfesselten Stalinismus verschwendet die Autorin kein einziges Wort, keinen einzigen Gedanken – obwohl sie doch selbst SED-Mitglied war und heute deren Nachfolgepartei vorsitzt.

Diese Geschichtsvergessenheit, diese Ignoranz gegenüber den Opfern des kommunistischen Großversuchs, dieses großzügige Hinwegsehen über die Verantwortung der eigenen politischen Bewegung – das ist beschämend, das ist verletzend, das ist skandalös.

Und es ist verräterisch. Sie entlarvt damit die ständig wiederholte Behauptung, die Linkspartei hätte sich radikal selbstkritisch mit ihrer eigenen Geschichte befasst und Konsequenzen gezogen.

Wer am Traum von einer gerechten Gesellschaft, einer gerechteren Welt festhalten will, der kann das nur (jedenfalls nach der furchtbaren Geschichte der kommunistischen Bewegung im 20. Jahrhundert), wenn er radikale Kommunismuskritik übt, wenn er nicht kalkuliert-naiv von Wegen zum Kommunismus schwadroniert. Sonst diskreditiert er sich moralisch und politisch.

Debatten über neue Wege zum Kommunismus sind und bleiben überflüssig. Sie sollten sich endlich entscheiden, Frau Lötzsch, welchen Weg Sie und Ihre Partei künftig gehen wollen: in die Demokratie oder in den Kommunismus. Es gibt keinen Mittelweg zwischen Demokratie und Diktatur. Genau das ist die historische Lehre aus dem 20. Jahrhundert – und die Linkspartei sollte sich dieser Einsicht nicht länger verweigern.

Pressemitteilung als PDF-Dokument:

 http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,55187,00.pdf