Aufstehen gegen Rassismus

Marion Ackermann, die Leiterin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, sagte einmal zu mir den Satz: „Seit ich in Sachsen bin, höre ich so oft das Wort Ausländer; das kannte ich gar nicht mehr.“

Diese Äußerung ist mir lange nachgegangen. Es muss eine schöne Welt sein, dachte ich, in der es keine Ausländer gibt, sondern einfach nur Menschen. Mir fällt immer wieder auf, wie stark die Angst vor dem Fremden in vielen Köpfen verwurzelt ist. Wir leben in einem Zeitalter der rasanten Veränderungen. Der Gedanke, sich abzuschotten und diese Veränderungen zu umgehen, beruhigt inzwischen viele Menschen. Hohe Mauern sollen Sicherheit vermitteln und den Eindruck, es bliebe alles wie es ist. Doch es wird nichts bleiben, wie es ist. Wir haben in den letzten Jahrzehnten gut gelebt, Autos gekauft, Handys weggeworfen, Plastik- und Atommüll produziert. Das Ergebnis unseres Überflusses sehen wir nun in anderen Teilen der Welt, in die niemand gerne schauen will. Nicht Wenige sind froh, wenn nicht mehr viele Füchtlinge kommen. Doch diese Flüchtlinge sind nicht weg, nur weil wir sie nicht sehen. Sie sterben vor Griechenland und Lampedusa oder enden in Athen auf der Straße. Ihnen und ihrer Lebenssituation muss unsere Solidarität gelten, denn es ist nicht unsere persönliche Leistung, in einer wohlhabenden Demokratie geboren zu sein.

Befördert wird ein Abschottungsdenken durch politische Diskussionen wie die um die so genannte Obergrenzen, die letztlich nicht mehr tun als Willkürentscheidungen fördern statt Menschenrechte durchzusetzen. Befördert wird es auch durch Menschen wie den Schriftsteller Uwe Tellkamp, der ohne jede statistische Grundlage Flüchtlinge zu arbeitsunwilligen Personen deklariert. Uwe Tellkamp bedient mit seinem bügerlichen Roman „Der Turm“ – eines der langweiligsten Bücher, was über die DDR geschrieben wurde – die sächsische Bräsigkeit, die am Besten dort gedeiht, wo kein Fremder seinen Fuß hinsetzen will.

„Ich möchte nicht, dass mein Kind mit einem Ausländer Bus fahren muss“, sagte mir eine besorgte Mutter im schönen Stadtteil Einsiedel am Rande der Proteste gegen eine Asylbewerberunterkunft. Die Angst vor dem Fremden mündet in Ausgrenzung und eben auch Abwertung des anderen. Begriffe wie „deutsche Leitkultur“ markieren nichts Anderes als ein Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Kulturen, und dafür gibt es keinerlei Grundlage oder Anlass.

Ich wünsche mir, dass wir es tatsächlich schaffen, miteinander zu kommunizieren. Dass wir jede Form von Rassismus offen legen und nicht schweigen. Aber auch, dass wir Menschen, die Angst vor Fremdem haben, einladen, Fremde kennen zu lernen. Die mangelnde Kenntnis voneinander macht es erst möglich, Vorurteile aufzubauen.

Einen gewaltigen Anschub durch politische Kräfte, die es durchaus besser wissen, bekommt die Angst vor dem Fremden durch die AFD. Durch Sätze wie „Deutschland soll deutsch bleiben!“ wie ich sie im Landtag hören muss, suggeriert die AfD, dem wäre nicht so. Sie zeichnet ein absurdes Schreckgespenst der Überfremdung. Nicht nur Menschen mit Existenzängsten sehnen sich nach Sicherheit und Abschottung, auch die Mitte der wohlhabenden Gesellschaft. Unsere Aufgabe ist es, die AfD da zu stellen, wo sie ihr wahres Gesicht zeigt. Denn sie hat nur eines, und das ist tatsächlich rassistisch.

Lassen Sie uns diesen heutigen Tag nicht nur im „Anti“-Modus begehen, sondern mit Lust und Freude an Demokratie und dem Kennnenlernen anderer Kulturen. Und das am Besten so, dass es weit über diesen Tag hinaus wirkt. Vielen Dank.